Notizen
Bildschirmpräsentation
Gliederung
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Fall 8

  • Haftung für Gästebucheinträge


  • Haftung des Gästebuchbetreibers für Einträge der Benutzer


  • http://www.mischa-dippelhofer.de/Vorlesung/


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Sicherung von Beweismitteln
  • Ausdrucke der Website des Mandanten anfordern
  • Ausdrucke des Gästebuchs anfordern
  • Ausdrucke des Protokolls des Gästebuchs zum relevanten Zeitpunkt anfordern
    • Über die Protokolleintragung könnte der Autor der Eintragung ermittelt werden
    • Hierzu bedarf es jedoch meist einer Auskunft des Providers
      • Auskunftserteilung des Providers nur nach richterlichem Beschluss
      • Klagebefugt für die Auskunftsklage ist nur der Verletzte
      • Die Protokollausdrucke können dem Gegner von Nutzen sein
    • Übersendung der Protokollausdrucke als Teil einer möglichen Einigung mit dem Gegner



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Rechtliche Überprüfung
  • Anspruchsgrundlage:
    • Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch nach §§ 823 I, 1004 BGB
      • Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb (Palandt § 823 RN 22)
      • Die Tatsachenbehauptung ist (wahrscheinlich) falsch
      • Die Äußerung ist geschäftsschädigend
      • Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch nach § 1004 BGB        (Palandt § 1004 RN 27 ff) gegen den Autor
    • Kreditgefährdung, §§ 824 I, 1004 BGB
      • Die Behauptung ist geeignet, Banken von der Vergabe von Krediten abzuhalten
      • Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch gegen den Autor wie oben
  • Haftung als Mitstörer
    • Mandant hat durch die Eröffnung des Gästebuchs objektiv zu dem Rechtsverstoß beigetragen
    • Mandant ist als Betreiber des Gästebuchs in der Lage, die Beeinträchtigung zu beseitigen
    • Haftung als Mitstörer gemäß § 1004 BGB (Palandt § 1004 RN 26)
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Haftungsbegrenzung durch § 8 ff TDG ?
  • Ausschluss der Haftung durch § 11 S. 1 Nr. 1 TDG?
    • § 11 TDG ist grundsätzlich auf den  Mandanten anwendbar:
      • Er bietet im Internet einen Dienst im Sinne des § 3 Nr. 1 TDG an
      • Dieser Dienst bietet dem Nutzer die Möglichkeit, selbständig eigene Informationen zu veröffentlichen, die auf der Homepage des Mandanten für sie gespeichert werden
      • Der Mandant hatte zum Zeitpunkt der Abmahnung keine Kenntnis von dem Beitrag
    • Umstritten, ob die Haftungsprivilegierung auch gilt, wenn Beiträge wochenlang ungeprüft im Gästebuch stehen
      • LG Trier JurPC WebDok 206/2002: Wer die Einträge in einem Gästebuch mehr als vier Wochen ungeprüft lässt, nimmt in Kauf, dass dort ehrverletzende Äußerungen erscheinen und macht sich diese zu eigen. Er haftet damit nach den allgemeinen Gesetzen. Ebenso LG Düsseldorf JurPC WebDok 323/2002, für den Sonderfall einer laufenden Diskussion mit vielen ehrverletzenden Äußerungen
      • Dagegen LG Köln JurPC WebDok 140/2003: Der Forenbetreiber haftet gemäß § 11 TDG erst ab Kenntnis. Gemäß § 8 Abs. 2 Satz 1 TDG ist er zuvor nicht zur Überprüfung der Einträge verpflichtet
      • Die Entscheidungen des LG Trier und des LG Düsseldorf ergingen zur alten Fassung des TDG. Im neuen § 8 Abs. 2 Satz 1 TDG hat der Gesetzgeber klargestellt, dass eine Verpflichtung zur Überprüfung der eingestellten Benutzerinhalte nicht besteht. Die Haftungsprivilegierung ist anwendbar.
      • Im vorliegenden Fall auch nach dem LG Trier kein Wegfall der Privilegierung, da 4-Wochen-Frist noch nicht abgelaufen
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Bestehen dennoch Ansprüche gegen den Mandanten?
  • Gemäß § 8 Abs. 2 Satz 2 TDG bleiben gesetzliche Verpflichtungen zur Entfernung und Sperrung unberührt. Die Konsequenzen dieser Vorschrift sind umstritten
    • Teilweise wird vertreten, dass aufgrund dieser Vorschrift gegenüber Unterlassungsansprüchen überhaupt keine Haftungsprivilegierung besteht (OLG München JurPC WebDok 263/2002). Das hätte zur Folge, dass eine Unterlassungserklärung abgegeben und auch die Kosten der Abmahnung übernommen werden müssten
    • Dies hätte jedoch widersinnige Konsequenzen:
      • Zur Vermeidung von Abmahnungskosten müsste der Content Provider das Angebot ständig überprüfen, was § 8 Abs. 2 Satz 1 TDG gerade ausschließen soll
      • In einer Unterlassungsverpflichtungserklärung müsste der Content Provider sich verpflichten, künftige illegale Beiträge der Benutzer zu verhindern. Auch dies würde wiederum auf eine Überwachung hinauslaufen
    • Entsprechend dem Wortlaut besteht nur die Verpflichtung zur Sperrung bzw. Löschung der illegalen Inhalte
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Taktisches Vorgehen:
  • Empfehlungen an den Mandanten:
    • Den beanstandeten Artikel sofort löschen
      • Sonst könnte der Gegner eine einstweilige Verfügung erwirken, da durch die Kenntnis des Mandanten von dem Artikel keine Haftungsprivilegierung mehr bestünde
    • Sämtliche Artikel des gleichen Autors anwaltlich prüfen lassen
      • Es könnten weitere geschäftsschädigende Äußerungen darunter sein
  • Schreiben an die gegnerischen Anwälte
    • Hinweis auf die Entfernung des beanstandeten Artikels
    • Hinweis, dass der Mandant damit seiner Verpflichtung nachgekommen ist und im Übrigen wegen § 11 TDG keiner Haftung unterliegt
    • Anspruch auf Abgabe einer Unterlassungsverpflichtungserklärung aus den gleichen Gründen ablehnen
    • Übernahme der gegnerischen Anwaltsgebühren ablehnen, da es an den Voraussetzungen des § 683 BGB fehlt (kein berechtigter Hinweis auf eine bestehende Unterlassungspflicht, die Unterlassungspflicht entsteht erst durch die Vermittlung der Kenntnis)
    • Ggf. Hilfe bei der Ermittlung des anonymen Autors anbieten (Protokolldaten!)