Notizen
Bildschirmpräsentation
Gliederung
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Fall 7

  • Haftung für Hyperlinks


  • Die strafrechtliche Haftung für fremde verlinkte Inhalte



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Erste Maßnahmen
  • Schriftsatz an Polizei / Staatsanwaltschaft
    • Antrag auf Akteneinsicht
    • Mitteilung, dass nach Akteneinsicht eine schriftliche Stellungnahme abgegeben wird
    • Erste Maßnahme bei jeder Strafverteidigung
    • Oft sind die Informationen des Mandanten über die Ermittlungen nicht vollständig
    • So lässt sich ein Bild gewinnen, in welche Richtung die Polizei ermittelt / ob eine Anklage zu erwarten ist
  • Beweismittel sichern
    • Ausdrucke der Website des Mandanten anfertigen
    • Ausdrucke der verlinkten Websites anfertigen
      • Dokumentation der Link-Kette: Sind die Informationen direkt verlinkt oder erst über weitere Links abrufbar?
    • Verantwortlicher der verlinkten Website feststellen
      • z. B. Denic-Abfrage
      • Könnte der primär Verantwortliche sein

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Strafrechtliche Verantwortlichkeit
  • Ausschluss der Strafbarkeit durch Linkdisclaimer?
    • Disclaimer können rechtlich die Wirkung von AGB haben:
      • Begründung einer Vereinbarung zwischen dem Autor der Website und dem Leser
      • Kein Einfluss auf die gesetzlich geregelte Strafbarkeit
    • Können Disclaimer zeigen, dass man sich den fremden Inhalt nicht zu Eigen macht (früher eine Haftungsvoraussetzung gemäß § 5 TDG a. F.)?
      • Nur Indiz, aus den sonstigen Umständen kann sich etwas anderes ergeben
      • Bedeutung des zu Eigen Machens nach der Reform des TDG fraglich
    • Linkdisclaimer führen zu keiner Beschränkung der Strafbarkeit
  • Ausschluss der Strafbarkeit durch § 9 Abs. 1 TDG?
    • Anwendbarkeit von § 9 TDG auf Hyperlinks umstritten:
      • Nein -  h. M. in der Literatur (z. B. Spindler, NJW 2002, 921): Der Gesetzgeber wollte die Haftung für Hyperlinks nicht regeln, daher keine Analogie möglich (fehlende Regelungslücke)
      • Ja – Gegenansicht - z. B. Köhler/Arndt, Recht des Internet, VII 9.: Haftung für fremde Inhalte, über die der Linkautor keine Kontrolle hat, unangemessen; Dippelhofer, MittdtschPatAnw 2003, 156: Gesetzgeber wollte die Diskussion über die Haftungsbegrenzung gemäß TDG ausdrücklich abwarten, nicht durch einen „Federstrich“ beenden
      • BGH hat sich der h. M. angeschlossen (Urteil vom 1. April 2004, AZ I ZR 317/01): § 8 ff TDG auf Hyperlinks nicht anwendbar
    • Nach § 9 Abs. 1 Satz 2 TDG jedenfalls keine Haftungsbegrenzung, wenn die übermittelten Informationen ausgewählt wurden
      • Liegt vor, wenn die illegalen Inhalte unmittelbar verlinkt wurden
      • Für die verlinkten Filme keine Haftungsbegrenzung möglich
      • Folgt man der Mindermeinung, keine Strafbarkeit wegen des Links auf die „Junge Freiheit“ (illegaler Artikel war zum Zeitpunkt der Verlinkung noch nicht vorhanden)
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Strafbarkeit nach den allgemeinen Gesetzen
  • § 86 Abs. 1 Nr. 4 StGB
    • Artikel erfüllt den Tatbestand des § 86 Abs. 1 Nr. 4 StGB
    • Strafbarkeit des Linkautors als Täter
      • Umstritten, ob ein Link ein Verbreiten der Inhalte darstellt
        • Ja: Boese, Strafrechtliche Verantwortlichkeit für Verweisungen durch Links im Internet, 4. Teil B I 3)
        • Nein: h. M. (z. B. Ernst, NJW-CoR 1997, 224, Löhnig, JR 1997, 496): Die fremde Website verbreitet die Inhalte unabhängig von Links
      • Ein Link ist technisch keine Quelle, sondern nur ein Quellenverweis, daher keine Verbreitung durch den Link
    • Strafbarkeit wegen Beihilfe (vgl. dazu AG Tiergarten, CR 1998, 111)
      • Objektiver Tatbestand:
        • Zum Zeitpunkt der Verlinkung war der Artikel noch nicht vorhanden, also keine rechtswidrige Haupttat
        • Link unterstützt die Auffindbarkeit des Artikels im Internet, wenn der Link nicht entfernt wird
        • Unterlassungstatbestand objektiv gegeben
      • Subjektiver Tatbestand: Vorsatz erforderlich
        • Verlinkung ohne Kenntnis, dass der Artikel erscheinen würde: Es fehlt am Wissenselement
      • Keine Strafbarkeit, wenn der Link nach Kenntnis vom strafbaren Inhalt entfernt wurde
  • § 108 Abs. 1 Nr. 7 UrhG
    • Beim Download der Filme mit Edonkey findet eine Vervielfältigung und Verbreitung statt, für die eine Genehmigung des Filmherstellers fehlt (§ 94 Abs. 1 UrhG)
    • Der Link verweist auf die Möglichkeit des Downloads und unterstützt damit die strafbare Handlung: Strafbare Beihilfe
    • Es ist allgemein bekannt, dass Filme über Tauschbörsen fast immer ohne Genehmigung des Filmherstellers angeboten werden: zumindest bedingter Vorsatz
    • Strafbarkeit wegen Beihilfe zur Urheberrechtsverletzung gegeben
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Taktisches Vorgehen:
  • Empfehlungen an den Mandanten:
    • Die von der Polizei beanstandeten Links sofort löschen
      • Nur so ist eine Strafbarkeit nach § 86 Abs. 1 Nr. 4 StGB zu vermeiden
      • Dies kann hinsichtlich des anderen Delikts strafmildernd wirken
    • Sämtliche Links auf der Website anwaltlich prüfen lassen
      • Einer Ausweitung der Ermittlungen vorbeugen
      • Gibt es weitere Websites / Linksammlungen?
  • Schriftliche Stellungnahme an Polizei / Staatsanwaltschaft
    • Erstellung der Links durch den Mandanten einräumen
    • Hinweis auf die Entfernung aller beanstandeter Links
    • Hinweis auf die fehlende Strafbarkeit gemäß § 86 Abs. 1 Satz 4 StGB (AG Tiergarten zitieren)
    • Hinweis auf die Milderung der Strafe für die Urheberrechtsverletzung gemäß §§ 27 Abs. 2, 49 Abs. 1 StGB, da lediglich Beihilfe vorliegt
    • Mildernde Umstände:
      • Fehlende Vorstrafen
      • Geständnis
      • Tätige Reue (Entfernung der Links)
    • Einstellung des Verfahrens anregen







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Zivilrechtliche Haftung für Hyperlinks
  • Haftung bei Schadenersatzansprüchen
    • Haftung nur wegen Beihilfe zur Rechtsverletzung
    • Voraussetzung: Verschulden
      • Fehlt, wenn die rechtsverletzenden Inhalte bei Linksetzung noch nicht vorhanden waren
      • Fraglich bei fehlender Kenntnis von der Rechtswidrigkeit
      • Bei unklarer Rechtslage kann es am Verschulden fehlen
  • Haftung als Störer im Markenrecht / Wettbewerbsrecht / Urheberrecht
    • Haftung als Störer oder Mitstörer ist verschuldensunabhängig
      • Es kommt nicht darauf an, ob der illegale Inhalt zum Zeitpunkt der Verlinkung schon vorhanden war
      • Es kommt nicht auf eine Kenntnis von der Rechtswidrigkeit an
    • Teilweise wir eine Haftung als unmittelbarer Störer angenommen (z. B. LG München, Az. 4 HK O 6543/00 „FTP-Explorer“: Link mit eigenem Download-Angebot gleichgesetzt)
    • Dagegen inzwischen h. M, dass Links auf ein fremdes rechtsverletzendes Angebot nur eine Haftung als Mitstörer begründen (BGH, Urteil vom 1. April 2004, AZ I ZR 317/01, Stadler, Anmerkung zum Urteil des LG München)
    • Haftung als Mitstörer nach der Rechtsprechung des BGH nur dann, wenn Prüfungspflichten verletzt wurden (BGH, Urteil vom 1. April 2004, AZ I ZR 317/01)
      • Prüfungspflichten bestehen nur, wenn die Rechtswidrigkeit für den Linkautor erkennbar ist
      • Daran fehlt es bei unklarer Rechtslage, die eine eingehende rechtliche Prüfung erfordert
      • Dem Linkautor ist nicht zuzumuten, vor jedem Link einen Rechtsanwalt zu befragen
    • Haftung nur bei offensichtlichen Rechtsverletzungen (z. B. Links auf Filme in P2P-Börsen)