Notizen
Bildschirmpräsentation
Gliederung
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Fall 10

  • Sperrungsverfügungen


  • Die behördliche Anordnung der Sperrung fremder Inhalte durch Access-Provider


  • http://www.mischa-dippelhofer.de/Vorlesung/


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Erste Maßnahmen
  • Empfehlung, Sperrung vorerst durchzuführen
    • Die Landesmedienanstalt hat den Sofortvollzug angeordnet
      • Rechtsmittel haben keine aufschiebende Wirkung, § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO
      • Missachtung der Sperrverfügung wäre eine Ordnungswidrigkeit, § 24 Abs. 1 Nr. 15 MDStV, Strafrahmen bis zu EUR 250.000
    • Wahl der Sperrmöglichkeit, die den geringsten Aufwand / Eingriff bedeutet
  • Sicherung von Beweisen
    • Ausdrucke der fremden Website anfertigen
    • Benutzerstatistiken sichern
      • Aus den Logfiles eines Proxy-Servers kann sich ergeben, wie oft die Benutzer die fragliche Seite aufgerufen haben
      • Geringe Aufrufhäufigkeit kann ein Argument im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung sein



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Rechtliche Prüfung, Teil 1
  • Zuständigkeit der Landesmedienanstalt
    • Landesmedienanstalt ist im Saarland zuständige Behörde nach § 22 Abs. 1 MDStV
    • Damit auch zuständig für Verfügungen nach § 22 Abs. 3 MDStV
  • Anwendbarkeit des MDStV auf Access-Provider: Umstritten
    • Stadler, MMR 2002, 343: Keine Anwendbarkeit des MDStV, da Access-Provider dem TKG unterfällt
    • Rosenkranz, JurPC Web-Dok 16/2003: Für den Anwendungsbereich des MDStV kommt es nicht auf die Einordnung des Anbieters, sonder auf die Einordnung der übermittelten Inhalte an
    • Koenig/Loetz CR 1999, 438: Access-Provider haben eine reine Vermittlungsfunktion, sie sind daher nach § 2 Abs. 2 Nr. 4 vom Anwendungsbereich des MDStV ausgenommen.
    • OVG Münster JurPC Web-Dok 126/2003: Access-Provider fallen zwar grundsätzlich unter das TDG, sie können aber im Rahmen des MDStV für fremde Mediendienste verantwortlich sein
    • Die Argumentation des OVG Münster steht auf tönernen Füßen: Wenn Access-Provider unter das TDG fallen, so hat der Bund in diesem Bereich konkurrierender Gesetzgebung sein Gesetzgebungsrecht ausgeübt und die Haftung der Access-Provider abschließend geregelt. Die Anwendbarkeit des TDG schlösse dann die Anwendbarkeit des MDStV aus (Art. 72 Abs. 1 GG).


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Rechtliche Prüfung, Teil 2
  • Materielle Verfassungsmäßigkeit von § 22 Abs. 3 MDStV
    • Stadler, MMR 2002, 343: Mediendienste stellen Presse dar, ihre Sperrung per Verfügung einen Verstoß gegen Art. 5 Abs. 1 Satz 3 (Polizeifestigkeit der Presse)
    • Rosenkranz, JurPC Web-Dok 16/2003: Es handelt sich nicht um eine Vorzensur, daher kein Verstoß gegen das Zensurverbot. § 22 MDStV stellt eine Schranke der Informationsfreiheit dar.
    • OVG Münster JurPC Web-Dok 126/2003: Das Gebot der Polizeifestigkeit der Presse verbietet nur Eingriffe aufgrund der polizeilichen Generalklausel, nicht aufgrund spezialgesetzlicher Ermächtigungen. Der Eingriff stellt keine unzulässige Vorzensur dar.
    • Eine Verfassungswidrigkeit von § 22 Abs. 3 MDStV ist nicht ersichtlich
  • Verhältnismäßigkeit
    • OVG Münster JurPC Web-Dok 126/2003: Die vorgeschlagenen Sperrungsmöglichkeiten sind grundsätzlich zur Verhinderung des Zugangs geeignet. Die relativ einfache Möglichkeit einer Umgehung steht dem nicht entgegen, da es ohnehin keine vollkommen sichere Sperrmöglichkeit gibt.
    • Dagegen Rosenkranz, JurPC Web-Dok 16/2003: Die vorgeschlagene Sperrung im DNS-Server oder im Proxy-Server sind ungeeignet, da sie sich zu leicht umgehen lassen. Die Sperrung der IP im Router ist unverhältnismäßig, da bei Multi-Domain-Servern weitere Angebote von der Sperrung betroffen wären, die keinerlei strafbare Inhalte enthalten.
    • Die Sperrungen lassen sich nur dann effektiv durchführen, wenn sie mit einem massiven Eingriff in den Internetzugang verbunden sind, der viele unproblematische Inhalte mit betrifft. Daher überwiegt bei der Abwägung die Informationsfreiheit.
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Taktisches Vorgehen:
  • Widerspruch einlegen, § 68 Abs. 1 VwGO
    • Notwendiges Vorverfahren zur Hauptsacheklage
    • Löst bei Erfolg im einstweiligen Rechtschutz aufschiebende Wirkung aus
  • Einstweiliger Rechtschutz vor dem Verwaltungsgericht:
    • Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung, § 80 Abs. 5 VwGO
    • Formelles Argument: Keine Begründung des Sofortvollzugs, Verstoß gegen § 80 Abs. 3 VwGO
    • Materielle Argumente:
      • MDStV nicht auf Access-Provider anwendbar
      • Vorgeschlagene Sperrmaßnahmen teilweise ungeeignet, teilweise nicht verhältnismäßig
  • Hauptsacheverfahren
    • Gründliche Vorbereitung auf eine mögliche „Gutachterschlacht“:
      • Veröffentlichungen studieren
      • Nach möglichen Gutachtern erkundigen
      • Ggf. Parteigutachten einholen
    • Mandant auf ein wahrscheinlich sehr langes Verfahren einstimmen